03. June 2024
Mehrparteienvertrag für mehr Transparenz und Effizienz von Bauprojekten
Baumaßnahmen müssen nicht scheitern, wie es in der Vergangenheit bei einigen prominenten Großprojekten der Fall war. Ein Mehrparteienvertrag schützt Bauherren davor.
Mehrparteienvertrag und Partnering: Neue Wege zu effizienten Baumaßnahmen
Der Mehrparteienvertrag ist die Basis für den noch jungen Trend des Partnerings bei der Planung und Ausführung von Baumaßnahmen. Dieses neue System trägt dazu bei, grobe Fehler im Bauwesen und ihre Folgen zukünftig zu vermeiden. Die gemeinsame Planung und Ausführung mittlerer und großer Bauprojekte verhindern langwierige Überschreitungen der Fertigstellungstermine sowie unnötig hohe Kosten von Baumaßnahmen. Insbesondere bei öffentlichen Aufträgen kommt es häufig zu diesen unangenehmen Begleiterscheinungen. Mit dem Ziel eines reibungslosen Ablaufs führt der Mehrparteienvertrag alle an einer Baumaßnahme beteiligten Personen, Institutionen und Unternehmen bereits in der frühen Planungsphase zusammen.
Jeder Projektbeteiligte ist als Vertragspartner an die getroffenen Vereinbarungen gebunden. Das Ergebnis des Mehrparteienvertrags und die Basis des Partnerings ist eine ganzheitliche Betrachtung von der Entwicklung bis zur Fertigstellung großer Bauprojekte. Dabei fließen auch die Aspekte der zukünftigen Nutzung des Gebäudes ein.
Vertragsparteien sind:
- Bauherren
- Architekten und Planer
- beteiligte Bauunternehmen und Handwerksbetriebe
- gegebenenfalls Finanzierer
- bei Bedarf spätere Nutzer
Vertragsinhalte
In dem Vertrag verpflichten sich die Beteiligten zu einer engen Zusammenarbeit und aufeinander abgestimmten Absprachen der Planung und des Baufortschritts. Die Verantwortung für die einzelnen Abschnitte weist der Vertrag nach vorherigem Einvernehmen eindeutig den einzelnen Parteien zu. In den Vertrag fließen zahlreiche Details ein, wie die Art des für die Abläufe notwendigen Steuerungssystems oder des Building Information Modeling (BIM). Die Regelung der Möglichkeiten des Auftraggebers zur Einflussnahme in das laufende Verfahren ist notwendig, um auf das Bauprojekt und seine spätere Nutzung abgestimmte Lösungen sicherzustellen. Insgesamt setzt der Vertrag einen hohen Grad an Transparenz voraus.
Inhaltlich regelt der Mehrparteienvertrag weitere Details wie:
- Häufigkeit von Zusammenkünften der Projektbeteiligten
- Ansprechpartner der Projektbeteiligten
- Funktionen der Vertragsbeteiligten im Partnering
- Maßnahmen zur gemeinsamen Konfliktlösung
- Das vereinbarte Budget
- Bereitschaft aller Beteiligten zur Kostenoptimierung und Effizienzsteigerung
- Kollaborationsbereitschaft der Vertragspartner
- Fertigstellungstermine einzelner Baufortschritte
- Vergütung der Vertragspartner
- Ergebnisorientierung
- Allgemeine Haltung der Ehrlichkeit
Unterschied zwischen dem Mehrparteienvertrag und herkömmlichen Abläufen
Mit einem Mehrparteienvertrag unterscheidet sich der Ablauf einer Baumaßnahme deutlich von den bisherigen Gepflogenheiten. Terminverzögerungen und hohe Budget-Überschreitungen sind in der Vergangenheit auf eine fehlende Absprache der am Bau beteiligten Institutionen zurückzuführen. Zudem provoziert das traditionelle Bauvertragswesen unnötige Kostensteigerungen. Schlimmstenfalls behindern die verschiedenen an der Baumaßnahme Beteiligten einander, sodass einzelne Bauabschnitte mehrfach zu bearbeiten sind.
Prominente Beispiele für derartige Fehlplanungen bei der Bauausführung sind der Flughafen Berlin-Brandenburg und die Elbphilharmonie in Hamburg. Die gestörten Abläufe zahlreicher Baumaßnahmen insbesondere für öffentliche Auftraggeber auf regionaler und lokaler Ebene sind ebenfalls Ergebnisse fehlender Absprachen und einer geringen Motivation der Bauausführenden zu effizientem Handeln. Ein gravierendes Stichwort ist hier das Nachtragsmanagement. Entgegen den gesetzlichen Vorgaben hat sich in der Praxis ein Verfahren durchgesetzt, bei dem aufgrund lückenhafter Leistungsbeschreibungen durch den Auftraggeber schließlich die Auftragnehmer am Bau weitere Leistungen ausführen. Dieses Verfahren verursacht Nachforderungen und unerwartete Kostensteigerungen. Vertragsmodelle wie das Partnering auf Basis eines Mehrparteienvertrags verhindern gezielt diese Fehler.
Partnering, IPD und IPA – Neue Trends im Bauwesen
Partnering lautet die Bezeichnung für das Verfahren der Bauausführung auf der Grundlage eines Mehrparteienvertrags. Wie der Begriff bereits aussagt, verstehen sich die an einem Bauprojekt Beteiligten als Partner. Sie verfolgen ein gemeinsames Ziel, die effiziente, kostengünstige und erfolgreiche Abwicklung der Baumaßnahme.
IPD ist die Abkürzung für “Integrated Project Delivery”, IPA für die deutsche Übersetzung “Integrierte Projektabwicklung”. Diese Vertragsmodelle tragen zu einem erfolgreichen Partnering bei. Die grundlegende Veränderung bei der Ausführung von großen und mittleren Bauprojekten geht beim IPD oder IPA mit einem kollaborativen und innovativen Projektansatz einher. Er führt dazu, die verschiedenen Interessen der Beteiligten an einer Baumaßnahme zu bündeln und auf die erfolgreiche Abwicklung abzustimmen. Dieser Ansatz ist auch dann zu verfolgen, wenn einzelne Handlungen nicht allein dem eigenen Erfolg jedes Vertragspartners dienen. Vielmehr geht es um die Aufstellung und Erfüllung des gemeinsamen Ziels: erfolgreicher Abschluss der Baumaßnahme in Bezug auf vorher festgelegte Qualitätsstandards, Fertigstellungsdaten und Kosten der einzelnen Planungs- und Bauabschnitte.
Eine wichtige Voraussetzung der IPD oder IPA ist Offenheit, Transparenz und Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten vom Bauherrn bis zum Bauunternehmer. Jede Partei des Mehrparteienvertrags stellt ihre Kenntnisse und ihr Wissen dem gesamten Partnering-Team zur Verfügung. Auf diese Weise entsteht ein transparentes, interdisziplinäres Team über die Grenzen der individuellen Interessen aller Firmen hinaus. Im Mittelpunkt aller Aktivitäten steht der Erfolg des Gesamtprojekts.
BIM – Zusammenarbeit in einem übergreifenden Netzwerk
BIM beschreibt als Abkürzung für Building Information Modeling die technische Plattform für die Zusammenarbeit von der Entwicklung der Vertragsmodelle bis zur Fertigstellung des Projekts. Beim BIM handelt es sich nicht lediglich um eine Software, sondern vielmehr um eine umfassende Methode zur Planung, Erstellung und Verwendung von Gebäuden. Für viele der einzelnen Bereiche dient eine einzelne Software. Durch Vernetzung bildet das Building Information Modeling eine für alle am Bauprojekt beteiligten Partner zugängliche Plattform mit umfangreichen Daten rund um das Gebäude. Für die Nutzung des BIM verwenden die am Mehrparteienvertrag beteiligten Unternehmen und Institutionen Schnittstellen zu ihrer eigenen Software.
Vorteile von Mehrparteienverträgen
Die Definition des Mehrparteienvertrags zeigt bereits viele Vorteile dieser Vertragsmodelle auf. Zu den großen Erfolgsfaktoren gehören unter anderem:
- Die frühzeitige Einbeziehung aller am Planungs- und Bauprozess Beteiligten
- Die partnerschaftliche Zusammenarbeit an einem gemeinschaftlichen Projekt
- Festlegung des Ziels durch das Team der Vertragsparteien
- Hohe Transparenz der Planungen und Leistungen aller Vertragspartner
- Minimierung der Risiken für Bauherr und Bauunternehmer
- Kostensicherheit durch kollektive Zielverfolgung
- Effiziente Prozesse von der Planung bis zur Fertigstellung
- Reduzierung von Konflikten und schnelle Konfliktlösung im Team
Eine besondere Bedeutung kommt der Minimierung und schnellen Lösung von Konflikten zu. Auftraggeber, Planungsbüros, Architekten und die verschiedenen an der Bauausführung beteiligten Unternehmen verfolgen im klassischen Bauwesen vielfach widersprüchliche Interessen. Einfach darstellbar ist etwa der Zielkonflikt zwischen dem Auftraggeber und dem bauausführenden Unternehmen. Während der Bauherr die Baukosten minimieren möchte, wünschen sich die Unternehmen eine hohe Bezahlung. Bauherren erwarten eine schnelle Fertigstellung, Handwerksbetriebe und Bauunternehmen haben oft zahlreiche Aufträge nacheinander auszuführen.
Arbeiten von Beginn an alle Beteiligten zusammen, verfolgen sie einheitliche Absichten, die sich auf realistischer Ebene mit den Wünschen des Auftraggebers decken.
Herausforderungen der Mehrparteienverträge
Trotz der vielen Vorteile der modernen Vertragsmodelle zur integrierten Projektabwicklung muss jedes an einem Großprojekt beteiligte Unternehmen einige Herausforderungen bewältigen. Eine davon besteht im Verzicht auf Maximierung des eigenen Profits. Ebenfalls schwierig für viele Firmen ist die transparente Darstellung interner Informationen und Abläufe im Rahmen der Auftragsabwicklung.
Letztlich müssen alle Projektbeteiligten die Vorzüge einer am gemeinschaftlichen Erfolg ausgerichteten Abwicklung großer Baumaßnahmen erkennen. Die effiziente und schnelle Ausführung von Projekten trägt zu einer optimalen Zeitplanung für jedes Unternehmen bei und erleichtert die Abwicklung weiterer Aufträge. Zudem profitieren alle am Projekt Beteiligten davon, Bekanntheit für ihre effizienten Leistungen zu erlangen.
Effizientes Bauen mit der IBE GmbH
Die IBE GmbH arbeitet als Architektur- und Ingenieurbüro mit modernen Methoden wie dem Building Information Modeling. Wir verfügen über die erforderlichen Schnittstellen für die gemeinschaftliche Nutzung unserer Software durch alle an einer von uns geplanten Baumaßnahme Beteiligten. Nutzen Sie die Kompetenzen und Erfahrungen von IBE in der Umsetzung moderner Vertragsmodelle für Ihr zukünftiges Bauprojekt.