19. October 2022
Ratgeber: Leistungsphasen des Architekten nach HOAI
Die Arbeit eines Architekten beim Bau von Wohnhäusern, Gewerbeobjekten oder öffentlichen Gebäuden wird in der HOAI in neun Leistungsphasen unterteilt, die wir nachfolgend ausführlich vorstellen.
Was sind Leistungsphasen?
Die Leistungsphasen sind Bestandteil der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, kurz HOAI, und Grundlage der Berechnung des Honorars für Architektenleistungen. Sie gelten sowohl beim privaten Hausbau als auch beim gewerblichen Bau und öffentlichen Bauvorhaben. Die HOAI wurde im Jahr 2013 als verbindliche Vorgabe verabschiedet und soll seitdem Dumpingpreise in diesen Berufsgruppen verhindern und einen einheitlichen Kostenrahmen schaffen. Ob ein Bauherr ein Architekturbüro nur mit einzelnen Leistungsphasen der Architekturplanung beauftragt oder alle neun Phasen in Anspruch nimmt, bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen. Außerdem besteht ein geringer Verhandlungsspielraum über das tatsächlich zu zahlende Honorar, welcher sich zwischen dem so genannten Mindestsatz und dem Höchstsatz bewegt.
Was bedeutet die neue HOAI-Verordnung ab 2021?
Im Sommer 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil die HOAI für nicht mehr bindend bei Honorarverhandlungen mit einem Architekten erklärt. Basierend auf dieser Entscheidung tritt 2021 ein neues Gesetz in Kraft, in welchem die Leistungsphasen der HOAI mit ihrer entsprechenden Vergütung lediglich als Orientierung für Honorarverhandlungen genutzt werden können. Mehr Infos unter HOAI ab 2021.
Die neun Leistungsphasen nach HOAI
Die im Folgenden ausführlich erläuterten Leistungsphasen dienen als Grundlage der Kostenberechnung für einen Architekten nach der HOAI. Neben den genau definierten Grundleistungen des Architekten können zusätzlich besondere Leistungen in Anspruch genommen werden. Dazu gehören beispielsweise eine Standortanalyse, das Aufstellen eines Finanzierungsplans, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und vieles mehr. Der genaue Leistungsumfang wird vorab im Architektenvertrag festgehalten.
1. Grundlagenermittlung
In Leistungsphase eins spricht der Architekt den grundsätzlichen Bedarf mit seinem Auftraggeber ab. Er klärt beispielsweise Fragen nach einem geeigneten Baugrundstück und Bauzeitpunkt, begleitet zu Ortsbegehungen bei der Grundstückssuche und setzt einen groben zeitlichen Rahmen für die weiteren Arbeiten fest. Für seine Leistungen in dieser ersten Phase erhält der Architekt zwei Prozent des Gesamthonorars.
2. Vorplanung
Zu dieser Phase gehören das Erstellen eines ersten Planungskonzepts, das Anfertigen eines Kostenvoranschlags und Abstimmungen mit den Fachplanern. Details des Bauvorhabens werden in dieser Phase noch nicht einbezogen. Stattdessen wird vielmehr der grobe Rahmen in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber festgesteckt. Das Honorar der zweiten Phase beträgt sieben Prozent des Gesamthonorars.
3. Entwurfsplanung
In der Phase der Entwurfsplanung wird der Vorentwurf detaillierter ausgearbeitet. Dabei werden auch projektspezifische Problemstellungen einbezogen und geklärt. Außerdem wird über die Genehmigungsfähigkeit verhandelt und ein vertiefender Kostenplan aufgestellt. Hierfür erhalten Architekturbüros 15 Prozent des Gesamthonorars nach HOAI.
4. Genehmigungsplanung
In dieser wichtigen der insgesamt neun Leistungsphasen nach HOAI erfolgt der Antrag für die Baugenehmigung, weshalb diese Phase auf der Arbeit der vorangegangenen Leistungsphasen aufbaut. Hierzu werden genehmigungsfähige Pläne angefertigt und an die zuständige Behörde übergeben. Außerdem unterstützt der Architekt beim Einholen der Zustimmung zukünftiger Nachbarn und lässt notwendige Nachweise erstellen. Das Honorar wird mit drei Prozent berechnet.
5. Ausführungsplanung
In dieser Planungsphase werden benötigte Baustoffmengen berechnet, Details wie beispielsweise die Beleuchtung geplant, Handwerker als Berater einbezogen und eine detaillierte Objektbeschreibung angefertigt. Dafür ist ein Anteil von 25 Prozent des Gesamthonorars fällig.
6. Vorbereitung der Vergabe
Durch das Zusammenstellen der Vergabeunterlagen, Gespräche mit Fachfirmen und das Anfordern von Kostenvoranschlägen wird die anschließende Vergabe von Aufträgen an Handwerksunternehmen vorbereitet. Außerdem müssen ein Terminplan für die Vergabe angelegt und umfangreiche Leistungsbeschreibungen angefertigt werden. Architekten erhalten für diese Planung weitere zehn Prozent ihres Gesamthonorars.
7. Mitwirken bei der Vergabe
Basierend auf der Arbeit aus den vorherigen Leistungsphasen nach HOAI wird nun die Vergabe der einzelnen Aufträge an Bau- und Handwerksunternehmen koordiniert. Architekturbüros holen dazu Angebote bei möglichen Dienstleistern ein, prüfen diese und vergleichen sie miteinander. Anschließend unterstützen sie den Bauherren bei der Entscheidung für einzelne Dienstleister und stellen die Vertragsunterlagen zusammen. Für Leistungsphase sieben werden vier Prozent des Gesamthonorars in Rechnung gestellt.
8. Objektüberwachung
In der achten der neun Leistungsphasen übernimmt ein Architekturbüro die Bauüberwachung. Hierbei wird der Bauablauf während der gesamten Bauphase ausführlich dokumentiert. Außerdem werden eingehende Rechnungen von Handwerkern auf Richtigkeit hin überprüft. Mögliche Mängel werden festgestellt, dokumentiert und es wird eine Frist zur Beseitigung dieser Mängel gesetzt. Außerdem erfolgt eine permanente Kostenkontrolle in enger Absprache mit dem Bauherren. Für diese umfangreichen Aufgaben erhält der Architekt 32 Prozent seines Gesamthonorars.
9. Objektbetreuung
Nach Abschluss der Bauarbeiten begehen Architekten das Objekt und stellen mögliche Mängel fest. Diese werden fristgerecht an die zuständigen Handwerksunternehmen mit Aufforderung zur Nachbesserung weitergeleitet. Auch die Überprüfung der erfolgten Nachbesserungen gehört zu den Aufgaben dieser Leistungsphase. Zusätzliche Aufgaben der letzten Leistungsphase sind die Erstellung von Wartungsanweisungen oder Pflegeanleitungen und das Anfertigen eines Instandhaltungskonzepts. Diese Phase wird mit zwei Prozent in Rechnung gestellt.
Generalplanung: alles aus einer Hand
Gerade bei sehr komplexen Bauvorhaben wie im Gewerbebau ist eine Generalplanung für Bauherren häufig die komfortabelste Lösung. Hierbei steht ein Generalplaner als Ansprechpartner während des gesamten Bauvorhabens zur Seite und ist die Schnittstelle zwischen dem Unternehmen oder privaten Bauherren und allen anderen am Bau Beteiligten. Generalplaner sind wahlweise Architekten, Ingenieure oder ein Team aus mehreren Experten. Sie bringen eine hohe fachliche Kompetenz und langjährige Berufserfahrung mit, wodurch sie Experten auf ihrem Gebiet sind.